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Oberwesel 14.05. 2023 14:30-17:00
Die Menschen am Mittelrhein, deren Leben mit kleinen und großen Ereignissen ihrer Zeit konfrontiert werden, sind der Nährstoff meiner Romane. Dem einen reicht sein kleiner Lebensraum in einem beschaulichen Ort; den anderen zieht es in die Welt hinaus. Und alle verbindet über Jahrhunderte persönliche Wurzeln in den Schnittstellen der Geschichte.
2023 erscheint mein Roman „Kälte 1813“. Er erzählt von Menschen und ihren Schicksalen

Oberwesel So 21.05.2023 / 14:30-17 Uhr
„Der da, der soviel Geld hat, ist der Schönste.“ – „Aber er ist auch der Böseste“, entgegnete Konrad.
„Und warum?“
„Das musst du dir nach der Messe mal vom Priester erklären lassen. Das ist eine lange Geschichte.“
Auch diese Szene erinnerte Konrad an seine Zeit im Waisenhaus. Da bewarfen die Jungen die Katzen immer mit Steinen, und kein Erwachsener verbot es ihnen.

Leseprobe
(…) So lange es noch hell war, richtete er sich im Ziegenstall hinter dem Wirtshaus ein Strohlager und wusch sich die Füße. Die Wunde am Fuß tat jetzt wenigstens nicht mehr weh. Er konnte sie auswaschen und spürte keinen Schmerz. Vielleicht heilte sie jetzt endlich. Er wollte einfach nicht an diese schlimme Krankheit glauben und versuchte, die Gedanken daran zu verdrängen.
Da war auch noch die Wunde am Kopf, die nicht heilen wollte. Er hatte sie sich hoch oben auf dem Gerüst zugezogen, als er das „Jüngste Gericht“ an die Decke malte. Vielleicht war da auch ein Holzsplitter in die Wunde gekommen, genauso wie am Fuß. Früher war das ganz einfach. Da zog man den Splitter heraus, und die Wunden heilten innerhalb kurzer Zeit wieder zu. Jetzt blieben sie offen, eiterten, stanken, und wollten nicht mehr heilen. Aber warum nur? Das musste einen Grund haben. Er konnte es sich nicht erklären.
„Vielleicht“, dachte er, „vielleicht hängt es damit zusammen, dass immer ich es bin, der den Teufel malen muss. Wenn man sich ständig mit ihm beschäftigt, dann kriecht er einem in die Wunden und in die Gedärme. Dann frisst er einen von innen heraus auf. Man darf nicht an ihn denken, sagen die Alten. Wenn man nur an ihn denkt, dann ist er ganz nah. Dann kann man ihm nicht mehr ausweichen. Und was die sagen, das stimmt. Sie wissen es aus Erfahrung. Sie meiden ihn, immer und überall. Sie lassen sich nicht mit ihm ein. Und ich – ich muss es.“
‚Mal du den Teufel‘, sagte der Meister immer. ‚Die anderen, die wollen das nicht.‘ Und dann musste er ständig an ihn denken und sich vorstellen, wie er aussieht. Sonst konnte er ihn nicht malen.
Einmal, als der Friedrich krank war, da durfte er die Gottesmutter malen. Und die war so schön! Viel schöner, als wenn Friedrich die gemalt hätte. Das sagte sogar der Meister. „Aber ich brauche dich für den Teufel und für die Hölle“, hatte er traurig hinzugefügt.

Dass Airola ein wahrer Meister seines Fachs war, hatte damals den Hasenmüller wenig beeindruckt. Einen Kamin im Haus hielt er für überflüssig: die rußige Kruste, die der Rauch der Feuerstelle an den Wänden der Stube gebildet hatte, sollte man lieber nicht entfernen, sagte er. Er hielt die klebrige Schicht, die sich mit Speisedampf aus dem Kochtopf sowie mit den schwefligen Dämpfen des Rauchs, dazu mit Asche mischte, für wichtig. Sie sorge für Dichtigkeit und Festigkeit seines Hauses, erklärte er.
Leseprobe:
(…) Es war nicht nur die Sprache, die die beiden Männer trennte: hier der schmächtige Italiener, der sich vor Jahren mit seinem „Bocia im Schatten von Burg Rheinfels niedergelassen hatte – dort der Familienvater, der misstrauisch über seine Familie wachte. Der „Bocia“, das war einmal Balthasar gewesen, 10 Jahre alt, klein und wendig, fix und geschickt beim Klettern durch den Kamin, immer an der Wand entlang, der Kratzer baumelte am Handgelenk, auf jeder Sprosse schabte er damit alle vier Wände rußfrei. Er lächelte. Ja – sein Meister hatte es gut mit ihm getroffen, er war stolz auf Balthasar, und Balthasar war stolz, für ihn, den italienischen Spazzacamino, Bürger von St. Goar, arbeiten zu dürfen.
Bürger von St. Goar – das war längst nicht jeder Spazzacamino geworden! Die Liste derjenigen, die kamen und wieder gehen mussten, war beträchtlich. Airola aber hatte es zu Rang gebracht, an seiner Seite auch Balthasar, der Sottocasa.
Der Meister hatte sich für ihn eingesetzt. Ihm verdankte Balthasar heute seinen großen Tag. Noch heute würde auch er die Papiere in der Hand halten, die den Sottocasa zu einem ordentlichen Bürger der Stadt St. Goar machten. Deswegen hatte er die ganze Nacht nicht schlafen können, und Filippo auch nicht.