Natur & Landschaft: Landschaft


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Auch in der Landschaft zeigt sich, was RHEIN!ROMANTIK? ausmacht: nicht nur das Sichtbare, sondern das Gefühlte, Erinnerte und Wahrge-nommene.

Landschaftsbilder – realistisch oder abstrahiert – eröffnen Einblicke in Stimmungen, in Licht, Nebel, Ufer, Felsen und Wasser, die nur im Zusammenspiel mit Erinnerung und Kultur Bedeutung gewinnen.

Die Landschaft am Rhein ist mehr als Kulisse. Sie ist zugleich Naturraum und kulturell geformtes Territorium, Ort von Sehnsucht und Identifikation. Malerei und Fotografie setzen Landschaften in Szene – manche Werke zeigen Details, die dokumentieren, andere lösen Formen und Farbstimmungen auf, schaffen Atmosphäre.

In unserer Auswahl aus dem Archiv und den offiziell jurierten Beiträgen erlaubt Landschaft eine besondere Offenheit: Hier sind Gegenüberstellungen möglich – zwischen naturgemäßer Darstellung und ästhetischer Interpretation, zwischen dokumentarischem Blick und romantischem Blick. Diese Spannung fördert RHEIN!ROMANTIK? bewusst, weil sie das Fragezeichen im Titel lebendig macht.

Unsere Landschaftsbeispiele verdeutlichen: Was wir sehen, ist nie neutral – Erinnerung, Kultur und Wahrnehmung färben die Sicht mit ein, manchmal verschleiern sie den Blick auf das, was tatsächlich war. RHEIN!ROMANTIK? lädt dazu ein, diese Schichten zu entdecken – zwischen Natur und Überbau, zwischen dem, was wir wissen, und dem, was wir fühlen.


RHEIN!ROMANTIK? zeigt Landschaft nicht als fertiges Bild, sondern als etwas Offenes. Was wir sehen, verbindet Natur und Kultur, Erinnerung und Gefühl. Jede Arbeit bringt ihre eigene Sichtweise ein – zusammen entsteht ein vielstimmiges Panorama, das zeigt, wie unterschiedlich der Rhein heute erlebt und gedeutet werden kann.

Landschaft – leer oder aufgeladen?

Auf den ersten Blick scheint eine Rheinlandschaft nur Natur zu sein – ein Tal mit einem Fluss wie viele andere. Ohne Burg oder Turm bleibt sie austauschbar, ohne erzählerischen Kern.

Doch niemand schaut neutral. Wir blicken durch die Augen von Turner oder Hölderlin, durch Bilder und Texte, die andere vor uns erdacht haben. Diese kulturelle Konditionierung macht selbst „leere“ Natur zu einem vorgeprägten Bild.

Hinzu kommen die sichtbaren Eingriffe: Burgen, Kapellen, Mauern – oder auch Weinberge, die scheinbar natürlich wirken, aber seit Jahrhunderten menschliche Arbeit und Geschichten einschreiben. Solche Marker laden Landschaft unmittelbar mit Bedeutung auf.

So zeigt sich die Ambivalenz der Rheinromantik: Natur bleibt nie unberührt, sondern wird immer von kulturellen Spuren und vorgedachten Bildern überlagert. Zwischen nüchterner Topografie und romantischer Aufladung entfaltet sich das Spannungsfeld, das wir mit RHEIN!ROMANTIK? sichtbar machen wollen.

Schrift als Marker

Nicht nur Burgen, Türme oder Mythen prägen unsere Wahrnehmung des Rheins. Auch unscheinbare Spuren wie ein verwittertes Schild können den Blick dominieren.

Wo wir zunächst nur Natur sehen – Mauerwerk, Wildwuchs, vielleicht Atmosphäre – drängt sich plötzlich die Schrift in den Vordergrund. Sie will gelesen werden und verwandelt das Bild in eine Botschaft.

So zeigt sich: Romantik entsteht nicht allein aus dem Naturerleben, sondern aus den Zeichen, die wir darin entdecken oder die uns vorgegeben sind. Ein kleines Schild genügt, um unsere Deutung zu steuern – weg vom freien Sehen, hin zum kulturellen Lesen.

Das Fragezeichen in RHEIN!ROMANTIK? verweist genau auf diese Ambivalenz: Was sehen wir wirklich, und was lesen wir nur ab – aus den Setzungen anderer, sei es in Stein gebaut, in Geschichten weitergegeben oder in Schrift gegossen? Selbst die kleinste Spur kann eine Landschaft in Bedeutung verwandeln.

Resonanz
von Anette Dodt
nach „Lass rauschen Lieb, lass rauschen“
aus „Des Knaben Wunderhorn“

Es dringt ein zag­es Rauschen,
herbst­lich bunt durch den Tag.
Es lädt mich ein zum Lauschen
auf stet­en Puls­es Schlag.

Die Nebelschleier fallen
auf Fluss, Laub, Angst und Wut.
Ich lass ihn mir gefallen
den Drang in Strom und Blut.

Im Rauschen, Fluss, im Rauschen
trag fort meinen Verdruss.
Verzagtheit will ich tauschen
in herzhaf­ten Entschluss.

Ich will es nicht beklagen,
das Fließen meiner Zeit,
indes Beherztes wagen
trotz der Vergänglichkeit.

Lass rauschen, Strom, lass rauschen
mach mich forsch, mutig, jung.
Lass kühn mich mit Dir rauschen,
gib mir des Flusses Schwung.

Jutta Keber

Auf den ersten Blick zeigt das Bild eine nüchterne Hafenmole – reine Funktion, gebaut für die Schifffahrt.

Doch die geschwungene Linie, die sich in den Rhein hinauszieht, verwandelt die Konstruktion in etwas anderes:
Sie wirkt wie der Kopf einer Schlange, der aus dem Wasser auftaucht.

So kippt die Wahrnehmung:
Aus einer Hafenmole wird Mythos.
Aus Realität wird Vorstellung.

Zwischen Funktionalität und Fantasie entsteht ein Raum, in dem sich Romantik neu formt.

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