Bingen
Die Termine für Bingen (Kunst-Raum-Bingen (KuRaBi)) sind folgende:
08.10.2023 14:30 Uhr Monika Böss
15:30 Uhr Alfred Rosen
15.10.2023 14:30 Uhr Leona Riemann
15:15 Uhr Margret Drees
16:00 Uhr Walter Karbach
22.10.2023 14:30 Uhr Christiane Ulmer-Leahey
15:30 Uhr Alfred Rosen
08.10.2023 14:30 Monika Böss L003
Monika Böss
Frau Böss beabsichtigt verschiedene Geschichten aus ihrem Fundus zu lesen. Alles unter dem Titel: „Erzählungen zum Rhein“. Es sind teilweise Kurzgeschichten wie die der Flößer. Aber auch Erzählungen zu Ereignissen, die mit ironischem Hintergrund typisch ins Rheinland gehören.
(Romanauszug)
Im milden Licht spiegelt sich vergangene Sommerpracht.
Blätter tanzen im Wind.
Über den Landungssteg am Rhein kommen um die Mittagsstunde nur wenige Leute. Eine Bäuerin schleppt einen Korb voll mit Äpfeln. Keuchend stellt sie ihre Last am Ufer ab. Aus schmalen Augen blickt sie zu dem Paar hin, das mit ihr auf dem Schiff von der Stadt herübergekommen ist.
Sie glaubt, die elegant gekleidete Frau zu kennen. Gewiss war sie ihr schon einmal begegnet. Auf dem Markt der Stadt? In den Gassen des Städtchens? Ihr Erinnern führt nicht weiter. Seufzend nimmt sie den Korb wieder auf und trottet noch eine Weile hinter dem Paar her.
08.10.2023 15:30 Uhr Alfred Rosen L001
Alfred Gregor Rosen wird in Bingen zur Lesung am 08. Oktober 2023 ab 15:30 Uhr sowohl aus „Kälte 1813“ wie auch aus „Böses Treibgut“ lesen.
Sein Premiere Roman „Der Tote im Spritzbassin“ erschien 2020. Noch im gleichen Jahr folgte der Roman „Böses Treibgut“. Sein jüngster Roman „Kälte 1813“ erschien 2023.
Der Roman „Kälte 1813“ erzählt von den Schicksalen jener Zeit am Mittelrhein, als verbündete Armeen das französisch besetzte Rheinland befreiten. Menschen mit großer Zivilcourage und leidgeprüfte Bürger stemmen sich gegen die Wirren von Krieg und drohender Anarchie.
In „Böses Treibgut“ überfallen im Frühjahr 1963 zwei maskierte Bankräuber eine kleine Bankfiliale in Mainz. Dass sie auf ungewöhnliche Art mit einem kleinen Ausflugsschiff über den Rhein entkamen, realisierte die Polizei viel zu spät. Auf der Flucht geraten beide in Streit und treiben hilflos auf die Sandbank einer Rheininsel bei Rheinkilometer 539 zu. Ein durchdachter Plan endet urplötzlich durch eine dumme Fahrlässigkeit. Auf der weiteren Flucht stellen sich immer wieder unkalkulierbare Handicaps in den Weg. Streit und Habsucht hinterlassen eine Spur von Gewalt und Tod.
15.10.2023 14:30 Uhr Leona Riemann L002
Leona Riemann liest aus dem Buch „Hunsrücker Band 1“ die Erzählung:
„Auf dem Weg zum Rhein“
Unterwegs mit dem Korbmacher nach Bacharach, 1803
„Mores, komm, auf geht‘s!“
Der schwere schwarze Hund erhob sich und schüttelte Laub und Erdbrocken aus dem dichten Pelz. Mit langsamem Zungenschlag leckte er sich die letzten Brotkrumen vom Maul und blickte aus dunklen, geduldigen Augen seinen Herrn an. Eine kleinere, fuchsrote Hündin mit struppigem Fell erhob sich ebenfalls und betrachtete mit gesenktem Kopf, doch mit wachen Augen das Geschehen. Ihr Körper wies deutliche Narben und Spuren vergangener Misshandlung auf; quer über ihren Schädel zog sich ein Streifen weißer Haare, wie sie aus verletzter Haut und Narbengewebe wachsen.
Wortlos schirrte Johannes Pies, der Korbmacher, seinen Hund an die Deichsel des bis über seine eigene Größe hinaus schwankend mit Körben aller Art hochgestapelten Karrens. Er selbst stellte sich dem Hund zur Seite auf die andere Seite der Deichsel, die Fuchsrote ließ er laufen. Ein kurzes Tätscheln, dann stemmten sie sich gegen das Gewicht des Karrens, das sie trotz des geräuschvoll schleifenden Bremsholzes den steilen, unwegsamen Pfad zum Rhein hinabzudrücken schien. Mühsam hielt er den Hebel, aufgeregt flatterten drei Hähnchen, die er in kleinen Käfigen lose ganz oben auf dem Karren fixiert hatte und für die er sich guten Erlös erhoffte. Am Rhein gaben die Leute für ein Hähnchen schon mal einen Centime mehr als droben auf dem Hunsrück. Sein Freund Nikolaus Reinhardt, der Knopfmacher aus Miehlen, der die Tochter eines Gastwirts in Bacharach geheiratet hatte, hielt mindestens zehn oder zwölf Hühner hinter dem Haus, vielleicht sogar noch mehr. Regelmäßig Eier essen und hin und wieder ein Hähnchen verkaufen oder selbst essen zu können, dazu in einem festen Haus am Rhein zu wohnen, zwischen all den guten Bürgern – das erschien Johannes als der Inbegriff des Glücks. Er seufzte. Hatte Nikolaus es nicht besser getroffen als er selbst?
15.10.2023 15:15 Uhr MARGRET DREES L005
Margret Drees liest aus ihrem Buch: Die 7 Jungfrauen und das Traumwochenende eine moderne Version vom Mäuseturm
Leseprobe:
Doch so genau auch sämtliche Abflüge ins Auslandkontrolliert wurden, der Schuldige befand sich nirgends auf einer Passagierliste. Der war nämlich indes mit dem Motorboot seines Sohnes von Mainz aus rheinabwärts gefahren und hielt nach einer geeigneten Insel Ausschau. Als er den Mäuseturm im Rhein bei Bingen erblickte, erinnerte er sich an die Sage, die von dem grausamen Erzbischof Hatto erzählte, der auf der Flucht vor den Mäusen auf die Insel geflüchtet war.
Aber, dachte sich Herr Köpfle, damals ist nicht heute, und er legte unbemerkt an der Insel an. Er ging an Land, schaute sich die Insel und den Turm von allen Seiten an, und als er zurückkam, erblickte er …
15.10.2023 16:00 Uhr Walter Karbach L004
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Walter Karbach liest aus seinem Buch: „Heinrich F. Lichtenstein – Mein Leben in Deutschland, vor und nach dem 30. Januar 1933,
Wer war Heinrich Lichtenstein?
Am 15. Dezember 1889 kam Heinrich Lichtenstein als viertes Kind von Karl Lichtenstein und seiner Frau Regina, geb. Mayer in Oberwesel zur Welt. Die Familie wohnte in einem Haus neben der Synagoge auf dem Schaarplatz. Der Vater betrieb einen Viehhandel und eine Metzgerei und bewirtschaftet auch einige Weinberge. Heinrich wuchs in Oberwesel auf, besuchte wie alle jüdischen Kinder die katholische Volksschule. Als Jugendlicher arbeitet er in den Schulferien begeistert beim Zimmermann Johann Kastor.
Nach seinem Schulabschluss wurde Heinrich von dem Binger Rabbiner Dr. Richard Grünfeld gedrängt, Lehrer zu werden. Er schildert seine Kindheit und Jugend in Oberwesel, seine Ausbildung zum Volksschullehrer im Großherzogtum Hessen, den Kriegsdienst an der Ost- und Westfront, seine 20-jährige Tätigkeit als Lehrer, das Anwachsen des NSDAP und des Antisemitismus bis 1933, die schrittweise Ausgrenzung und Entrechtung ab 1933 und die Novemberpogrome 1938, seine Verschleppung nach Buchenwald und das Überleben im Lager, schließlich 1939 die Flucht.
22.10.2023 14:30 und 15:30 Uhr Christiane Ulmer-Leahey L006
Zauberhafte Geschichten aus dem Orient und Okzident
Sie stand nun genau am Waldesrand, noch hatte sie gute Chancen unentdeckt
zu entkommen. Der Mann in Stiefeln trat näher an das Reh heran, es
versuchte wieder sich aufzurichten. Die Tür des Audis öffnete sich, auch die
Polizeibeamten traten jetzt auf den Plan. Mariella bemerkte auch hier die
Pistolen. Sie wusste, dass es in diesem ganzen Szenario für sie keine Freunde
gab. Sie machte die wenigen Schritte ins Dickicht, auf die knackenden Zweige
achtete sie nicht mehr …
Mal spannend, mal nachdenklich oder witzig sind die Erzählungen in diesem
neuesten Band von Christiane Ulmer-Leahey. Zauberhafte Geschichten
aus Orient und Okzident laden die Leser und Leserinnen ein, die agierenden
Personen ein Stück auf ihrem teils sehr abenteuerlichen Weg zu begleiten.
Zu Recht empört sich der Leser oder die Leserin über Ungerechtigkeiten, die
den Figuren widerfahren. Ob die Geschehnisse sich nun im kühlen Bergland
oder in heißen arabischen Ländern ereignen, oft sind es Frauen, denen übel
mitgespielt wird und sie wehren sich mutig, mal mit mehr und mal mit weniger
Erfolg. Zuweilen wähnt sich der Leser oder die Leserin in einem Krimi,
in dem es um Leben und Tod geht. Und dann entführen die Erzählungen ins
Land von 1001 Nacht, aus dem es Neues, aber nicht weniger Fantastisches
zu berichten gibt. Am Ende fällt es schwer, sich von den Personen und den
Orten zu verabschieden. Was bleibt, ist eine diffuse, schwer zu beschreibende
Stimmung, hervorgerufen durch die extremen Unterschiede der Schauplätze
sowie die gewonnenen Einsichten in die Abgründe und Potentiale des
menschlichen Wesens. Es mag den Leser oder die Leserin auch eine eigentümlichen
Reiselust überkommen, die Länder und Gegenden, in denen die
Geschichten spielen, aufzusuchen. In den Erzählungen gesellt sich zu dem
Fantastischen ein Realismus, der den Lesern klarmacht, dass, wenn die Dinge
auch vielleicht nicht genauso gewesen sind, wie sie hier geschildert werden,
sie doch so oder so ähnlich hätten geschehen können.
Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind rein zufällig.