Vernissage (Jan. 2025 in Simmern)  


Ankündigung Christiane Ulmer-Leahey Laudatio für Vernissage der Ausstellung Rhein!Romantik? 2025

Die Bilder der Ausstellung ‚Rhein!Romantik?‘ beleuchten das Thema unter einer Vielzahl an Schwerpunkten. So kann die Betonung auf dem ersten oder dem zweiten Begriff des Ausstellungstitels und dem jeweiligen damit in Verbindung gesetzten Ausrufe- bzw. Fragezeichen liegen. Die Künstler und Künstlerinnen präsentieren mit ihren Werken Momentaufnahmen, die durch die individuellen Kompositionen von Licht, Farbe und Form die unterschiedlichsten Atmosphären und Stimmungen bei den Betrachtenden hervorrufen.

Es gibt die Kunstwerke, die die Realität mit großer Liebe zum Detail und hoher Genauigkeit darstellen und es den Besuchern leichtmachen, die abgebildeten Szenen wiederzuerkennen. Andere Gemälde fordern durch die subjektive Farb- und Formgestaltung auf, sich den persönlichen Empfindungen und Vorstellungen hinzugeben. Aus Fantasie- und Traumwelten entsprungene Darstellungen lassen Raum für eigene Gedanken.

Wer diese Bilder betrachtet, sieht sich den unterschiedlichsten Eindrücken ausgesetzt, die starke, zuweilen gegensätzliche, Gefühlen auslösen können, die es zu verarbeiten gilt. Was bedeutet es, den Rhein zu sehen, wie er den Einflüssen des Industriezeitalters ausgesetzt ist, mit denen nicht nur der Fluss selbst samt seiner Bewohner, sondern auch die Menschen, die an seinen Ufern wohnen, fertig werden müssen? Daneben Werke, die das Tal, durch das der Rhein fließt, von einer in hellen Farben gehaltenen lichten oder auch rätselhaften, vielleicht unheimlichen Seite zeigen. Wie ist es zu schaffen, diese Gegensätze zu vereinen, die beim Anschauen der Bilder zutage treten?

Hier mag die Zuwendung zu dem zweiten Begriff, der den Titel dieses Projektes ausmacht, helfen: der Romantik.

In dieser Zeitepoche, die bis ins 19. Jahrhundert reichte, wandte sich die Kunst der Natur, aus der sich Inspiration speist, zu. Kunst entstand aus Intuition oft mit mystischen Inhalten, die durchaus dunkle Elemente haben konnten. Die Epoche der Romantik wird gesehen als ein Gegengewicht zur in der Aufklärung entstandenen, zuweilen als kalt empfundenen Rationalität und der sich entwickelnden Industrialisierung mit ihren wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen für das Leben der Menschen. Ein Resultat war eine Abwendung von der Realität und die Zuwendung zu einer im Rückblick verklärten Vergangenheit.

Der Begriff der „Romantik“ hat somit einen vielschichtigen, in sich selbst große Widersprüche vereinigenden Symbolgehalt.

Der Rhein, mit seinen ca. 1230 Kilometern einer der längsten Flüsse Europas, stellt für die Länder, durch die er fließt, Grenze und Verbindung zugleich dar. Er hat für jede Region, die an seinen Ufern liegt, enorme wirtschaftliche, historische und kulturelle Bedeutung. Das gilt insbesondere für das Mittelrheintal mit seinen zahlreichen mittelalterlichen Burgen. Die „romantische“ Landschaft ist seit langem der Motor für Tourismus, der für die Bewohner des Mittelrheintals eine wesentliche wirtschaftliche Grundlage bildet. Dabei kann die industrielle Nutzung des Flusses zu Interessengegensätzen führen. Die Menschen, die heute an den Ufern des Rheins leben, müssen, wie einst ihre Vorfahren, wirtschaftlichen Faktoren mit dem Verlangen nach und der Vorstellung von einer mythischen, romantischen Vergangenheit, die nicht verloren gehen soll, in Einklang bringen.

Das Ausrufezeichen erinnert (mich) daran, wie wichtig der Rhein sowohl in seiner Symbolträchtigkeit als auch in seiner wirtschaftlichen Rolle ist. Das Fragezeichen weist auf die Schwierigkeiten hin, die sich bei dem Versuch, diese Gegensätze zu verbinden, auftun. Der Schutz der Umwelt, der Schönheit des Rheintals, ist Bedingung dafür, den Standort als Attraktivität für vernünftigen Tourismus zu erhalten und sichert zugleich die Lebensgrundlage, wirtschaftlich sowie gesundheitlich, für die Menschen, die im Rheintal wohnen.

Die Ausstellung ‚Rhein!Romantik?‘ zeigt, mit ihren Bildern und den Texten, die während der Lesungen vorgestellt werden, eine Komplexität des Themas, die eben durch die den Begriffen Rhein und Romantik zugesellten Zeichen zum Ausdruck gebracht wird. „Vater Rhein“ als unverbrüchliche, dem Menschen ewig erscheinende, feste, verlässliche Größe. Daneben die Romantik, ein Begriff der, durch das Fragezeichen symbolisiert, dazu einlädt, die in der Ausstellung vorgestellten Bilder wie die Facetten eines Prismas anzuschauen und zu genießen. Wir können beim Betrachten innehalten, dann wieder unseren Gedanken freien Lauf lassen und, sollte sich am Ende das Fragezeichen durch Antworten ergänzen lassen, wo es nötig ist, handeln.


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